Menschen in der Gemeinde

Interview mit Markus Steinert,
Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Herz Mariä

aus Gemeindebrief 11/2016

Herr Pfarrer Steinert, Sie haben in Herz Mariä im August die Nachfolge von Pfarrer Strenger angetreten. Sie haben aber mehrere Gemeinden zu betreuen…
Ja, das ist mir gerade in den Anfangstagen durch den Kontakt zu den evangelischen Partnern bewusst geworden. Ich denke gerne an diese freundlichen Begegnungen zur Vor-bereitung der Einschulungsgottesdienste im Pfarrhaus am Jungfernkopf mit Ehepaar Wilke und Pfarrer Risch, in unserem Kindergarten mit Pfarrerin Kresse und beim ökumenischen Grillen mit Pfarrer Rohde zurück. Daneben erlebte ich das Ökumenische Forum in Ahnatal. So wird ja schon deutlich, dass es in der Pfarrei Herz Mariä mehrere Gemeinden gibt. In der Sprachregelung des Bistums Fulda nennen wir diese dann „Kirchorte“ oder eben auch „Gemeinde“. Die Pfarrei ist die Verwaltungseinheit, die Gemeinde bezeichnet eher eine Form des christlichen Miteinanders. Dabei sind die verschiedenen Ortsgemeinden im Blick. Für mich ist das Ahnatal mit Heckershausen, Kammerberg und Weimar. In Kassel gehören Harles-hausen, Jungfernkopf, die Südstadt und Wehlheiden dazu. Neu ist es hingegen, auch Kindergärten, Seniorenwohnheime und Schulen als Gemeinden zu begreifen. Aber ich denke, dass man so den unterschiedlichen Lebensweisen gerecht werden kann. Diese Gemeinden haben ein je eigenes und auch eigenständiges Leben. Diese Buntheit ist schon beeindruckend. Ob und wie eine Vernetzung möglich ist, wird die Praxis zeigen. In sich geschlossene „Gemeinden“ sind für Christen ja nicht denkbar.
Wie lassen sich diese vielen Aufgaben bewältigen, bzw. welche weitere Unterstützung haben Sie?
Vielleicht in Anlehnung an den heiligen Augustinus: „Für euch bin ich Priester, mit euch bin ich Christ“. Dieses Miteinander erlebe ich in den verschiedensten Bereichen, wo Menschen in den Gemeinden füreinander Sorge tragen. Beispiele sind die Zusammenarbeit der Katechetinnen und Katecheten in der Erstkommunion- oder Firmvorbereitung, in der Feier der Gottes-dienste, in Besuchskreisen, im Austausch der Bibelkreise, bei der Vorbereitung von Familiengottesdiensten. Kurz, eine Gemeinde lebt durch ihre Glieder. Darüber hinaus gehört die Pfarrei Herz Mariä seit Jahren zum Pastoralverbund St. Maria, Kassel-West (mit den weiteren Pfarreien Maria Königin des Friedens (Fatima), St. Maria und St. Michael). Die Priester (3), die GemeindereferentInnen(3) und Diakone mit Zivilberuf (3) haben wohl eine Verortung in einer konkreten Pfarrei, sehen sich aber auch in Verantwortung für das Ganze. Das heißt, wir helfen uns gegenseitig, treffen uns wöchentlich in einer Dienstgemeinschaft, bedenken die Situation und suchen Lösungen. Das Gebet sei nicht vergessen.
Die Themen „Gemeindezusam-menlegung oder Kooperationen“ sind in der evangelischen Kirche von großer Bedeutung. Wie sieht es organisatorisch in der katholischen Kirche in Kassel aus?
In unserem Pastoralverbund haben wir begonnen, stärker zusammen-zuarbeiten (z.B. in der Firmkatechese). Daneben gab es auch einen Stellenabbau, wie man ja gerade in Herz Mariä erfahren musste. Neben Pfarrer Strenger ist auch der Gemeindereferent Diakon Hejl nicht mehr im Dienst. Also wir kooperieren. Und wir erleben dies auch als Gewinn, wenn Pfarrgrenzen durchlässiger werden. Der Schritt einer Fusion von Pfarreien (wie St. Joseph, St. Laurentius, St. Bonifatius, St. Elisabeth) zu einer Pfarrei XXL (St. Elisabeth) steht nicht unmittelbar bevor. Er ist aber im Blick.
Sie haben schon verschiedene Aufgaben wahrgenommen – gibt es Schwerpunkte, die Ihnen besonders wichtig sind, oder können Sie diese schon für die Arbeit in Harleshausen nennen?
Nach so kurzer Zeit kann und darf ich noch nicht von einer Schwerpunktbildung sprechen. Dennoch gehört zu unserem „Pastoralen Prozess“ im Bistum Fulda auch eine „Neuausrichtung in der Pastoral“. Neben dem modifizierten Fortführen von Bestehendem gilt es, sich selbst und die Gemeinden auf bisher Unbekanntes und unbekannte Menschen hin zu öffnen. Papst Franziskus rät, die Kirchentüren weit zu öffnen – und hinauszugehen, wo Menschen heute leben. Eine „Verheutigung“ steht an, die Papst Johannes XXIII. bereits im letzten Jahrhundert im „Aggiornamento“ anregte. Wieder konkret, ich darf nicht im Pfarrhaus oder Büro sitzen und warten, bis Leute kommen, sondern muss jede sich bietende Gelegenheit (Gespräche bei Trauerfall, Tauf- oder Trauwunsch u.a.) nutzen – und gehen.
Können Sie uns sagen, wo Sie künftig wohnen werden. In Harleshausen oder in St. Michael?
Als Pfarrer von St. Michael lebe ich im dortigen Pfarrhaus – mit künftigem Dienstsitz Herz Mariä.
Kommt Zeit, kommt….
Die Ökumene in Harleshausen ist recht aktiv. Wie werden Sie in Zukunft mit diesem Thema umgehen?
Ich erfreue mich des Bestehenden und lasse mich darauf ein. Weiteres wird die Zeit mit sich bringen. Dafür bin ich offen. Geplant sind das Ökumenische Seminar und der Ausflug im Mai.
2017 wird der fünfhundertste Jahrestag der Reformation gefeiert. Haben Sie Hoffnung, dass ein engeres Miteinander der Christen noch möglich wird?
„Ecclesia semper reformanda“ – Kirche bedarf immer der Erneuerung, oder wie oben benannt Aggiornamento. Wohin der Heilige Geist uns führen wird, was „er den Gemeinden eingibt“, kann ich natürlich noch nicht wissen. Aber auf ihn setze ich meine Hoffnung. Und dann kommt es, wie wir ja wissen, immer wieder auf ganz konkrete Menschen an. Im Bild: Wir sind Kinder des einen Vaters. Geschwister können durchaus unterschiedlich sein. Bei jeder zu respektierenden Verschiedenheit gibt es ein Familienleben. Aus der Geschichte wissen wir, dass auch dies immer einem Wandel unterworfen ist
Wie üblich auch an Sie die abschließende Frage. Möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern noch persönlich etwas mit auf den Weg geben?
Ganz spontan, in Anlehnung an Pater Rupert Meyer, SJ: Der Zukunft, dem Leben trauen, weil Gott es mit uns wagt.
Herr Pfarrer Steinert, vielen Dank für das Gespräch. Seien Sie herzlich willkommen!

Interview geführt von Dietmar Schaub

 

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